Du erbarmst dich aller, o Herr, und hast Nachsicht mit den Sünden der Menschen, damit sie sich bekehren; denn du bist der Herr, unser Gott. Miteinander gehen wir die 40 Tage der Österlichen Bußzeit mit Fasten, guten Werken und dem Gebet.
Die Fastenzeit, die Zeit der 40 Tage, die mit dem Aschermittwoch beginnt, war von allem Anfang an als eine Zeit innerer Einkehr gedacht. Der einzelne soll sich in dieser Zeit etwas befreien von der gängigen Betriebsamkeit des Alltags, um Raum zu gewinnen für Fragen an sich selbst: Wie steht es um mich? Welches Verhältnis habe ich zu Gott? zu mir selbst? zum Nächsten? Welche Gewohnheiten, die ich mir angeeignet und zugelegt habe, sind vorteilhaft und gut? welche stehen mir im Weg, um Neues und Besseres in Angriff zu nehmen? Die Zeit von 40 Tagen hat eine lange Tradition. Sie geht zurück auf die Erinnerung der Israeliten an die Zeit der Wüstenwanderung nach der Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens. Die Dauer der Wüstenwanderung wird mit 40 Jahren angegeben und war wohl die gnadenvollste Zeit des auserwählten Volkes. Denn in dieser Zeit äußerlicher Beschwernisse wuchs und erstarkte Israels Glaube gewaltig. Hier in der Wüste wurde im Volk das Fundament gelegt für eine tiefe Verbundenheit mit Jahwe.
Das Vertrauen in Gott zu festigen und das ihm Danken nicht zu vergessen, waren die obersten Ziele. Daher wurde der Sabbat als Tag des Herrn hervorgehoben, Opfer und Dankfeste im Ablauf des Jahres verankert. In Erinnerung an diese gnadenreiche Zeit der Wüstenwanderung zogen sich im Laufe der Geschichte immer wieder Menschen in die Abgeschiedenheit oder sogar direkt in die Wüste zurück. Das tat auch Jesus vor seinem öffentlichen Auftreten. Sich durch Äußeres nicht ablenken lassen, Herz und Gedanken ganz auf Gott ausrichten, den Glauben festigen, das Herz stark machen, darauf war ihr Streben ausgerichtet.
Die Fastenzeit als Zeit der Besinnung nutzen, nach Innen schauen mit fröhlichem Gesicht, dazu werden wir eingeladen. Fragen wir uns: Was könnte ich in mir noch mehr entwickeln, um meinen Glauben für mich und andere schmackhaft zu machen? Welche Hilfe wird mir dafür von Gott angeboten? Welche frohe, vielleicht sogar „herz-zerreißende“ Erfahrung konnte ich bereits mit meinem Gott machen? Die Fastenzeit sollte nicht einer Trauerzeit gleichen. Nehmen wir erlebte Freude der Karnevalstage mit hinein in die Fastenzeit. In den närrischen Tagen konnten wir miterleben, dass viel Freude in gemeinschaftlichem Tun aufkommt. Verinnerlichen wir diese Erfahrung. Wo wir zusammenstehen und füreinander da sind, dort kommt Freude und Zuversicht auf.
Das Füreinander und Miteinander in den Blick nehmen und Brüche heilen, wo sie entstanden sind, das ist ganz im Sinne Gottes, das ist ein Fasten, wie es Gott gefällt. Wenn Jesus sagt „Bete in deinem Kämmerlein“, dann will er uns daran erinnern: Eine wirklich tiefe und innige Verbindung zu Gott oder auch zu den Menschen benötigt einen gewissen Schutzraum. Es gibt diese stille Glut und Herzlichkeit im Verborgenen, die durch Schaustellung sofort zerstört werden würde.
Am ersten Tag der Österlichen Bußzeit empfangen wir das Aschenkreuz. In Israel war es Brauch, sich bei großer Trauer oder zum Zeichen tiefer Erschütterung, vor allem über sich selbst, Asche aufs Haupt zu streuen oder sich sogar bewusst in Asche zu setzen. Mit diesem Zeichen wollte der Bußfertige andeuten: Es tut mir leid, dass es soweit mit mir gekommen ist. Ich will umkehren und wieder das Gute anstreben, das Gott gefällt. Auch Jesaja weist darauf hin, dass nicht in der Trauer das Fasten besteht, sondern in der Hinwendung zum Gutes-Tun, wenn er sagt: Ist das etwa ein Zeichen für Fasten, wenn man den Kopf hängen lässt wie eine Binse? Glaubt doch das nicht! Aber wenn du aufhörst zu unterdrücken, auf keinen mehr mit dem Finger zeigst und niemanden verleumdest, dem Hungrigen und Darbenden reichst, wessen sie bedürfen, wenn du dabei Gott um Hilfe bittest, wird er dir antworten: Hier bin ich.
Dass Gott mit uns ist und uns im Mühen um das Gute stärkt, kann gar nicht schöner ausgedrückt werden als durch das Kreuz, dem Zeichen unendlicher Barmherzigkeit und Liebe Gottes zu den Menschen. So mögen wir die Fastenzeit nutzen als Zeit innerer Einkehr, als Zeit beglückender, dankbarer Freude über unseren Gott.
MEDITATION für 1-40 TAGE
Guter Gott. Kehr uns um, sonst bleibt alles beim Alten.
Kehr uns um, sonst nützen wir nicht die Chance.
Kehr uns um, sonst spüren wir nichts von deiner Liebe.
Kehr uns um, sonst belügen wir uns weiter.
Kehr uns um, sonst bleiben wir blind für den Anderen.
Kehr uns um, sonst kreisen wir nur um uns selber.
Kehr uns um, damit wir uns zu dir bekehren.
Kehr uns um, damit wir die Wahrheit erkennen.
Kehr uns um, damit wir auf deine Stimme hören.
Kehr uns um, damit wir einander vergeben.
Kehr uns um, damit wir gemeinsam handeln.
Kehr uns um, damit wir menschlich leben. Guter Gott, kehr uns um!
Die Texte sind Kommentare zu den Liturgischen Texten und
Ausschnitte aus einer Sammlung von Diakon Ing. Peter ERNST.
Bilder: Wikimedia Commons, Pixabay