Ausstellung „Krippe der Gerechten“


Ausstellung "Krippe der Gerechten"
Detail der "Krippe der Gerechten"
Detail der „Krippe der Gerechten“
(v.l.n.r.): Lukas und Irene Serioglou, Otto Schwarzendorfer, Elisabeth und Michael Hiller, Gerhild Schwarzendorfer, Barbara Steinrück
Bei der Eröffnung der Ausstellung (v.l.n.r.): Lukas und Irene Serioglou, Otto Schwarzendorfer, Elisabeth und Michael Hiller, Gerhild Schwarzendorfer, Barbara Steinrück Fotos: Franz Vock

Weise sein heißt selbst denken und selbst handeln

Otto Schwarzendorfers Krippe der Gerechten setzte viel Kreativität frei und ist bis 8.1. zu sehen

„Weise sein heißt selbst denken. Waise sein heißt selbst handeln. Diese ´Weisen´ handeln nicht auf Anordnung, sondern durch Offenheit für alles Unbekannte, durch eigene Ethik, angespornt durch eigenständiges Denken und Handeln“, sagte der Krippenbauer und Künstler Otto Schwarzendorfer bei der Ausstellungseröffnung der Krippe der Gerechten in St. Andreas Hütteldorf am 26. Dezember 2023.

„Drei Gerechte“ Wiener stellten ihren Mann und retteten Leben, nachhaltiges Leben
Schwarzendorfer präzisierte zu den „Weisen“ dieser Krippe: „Zufälligerweise sind es drei, und zufälligerweise Männer. Diese Menschen haben begonnen von sich aus kritisch und frei zu denken, und auch zu handeln. Und das ist schon deckungsgleich mit der Erzählung von den Weisen zu Weihnachten. Die Drei dieser Krippe waren wirklich Weise, und sind ganz offiziell drei ´Gerechte´, und alle drei kamen aus Wien“, sagte der Künstler.

„Julius Madritsch, 1940 zur deutschen Wehrmacht einberufen, war ausgebildeter Textilkaufmann und wurde als Treuhandverwalter zweier jüdischer Konfektionsbetriebe in der Nähe des Krakauer Ghettos eingesetzt. … In den Fabriken beschäftigte er so viele Juden wie möglich, die so vor der Deportation in Vernichtungslager sicher waren. Sein Fabrikleiter Raimund Titsch sorgte zusammen mit Madritsch für humane Arbeitsbedingungen … Zusammen mit Oswald Bosko, der als Polizist für die Bewachung des Krakauer Ghettos zuständig war, verhalfen sie wiederholt Juden zur Flucht aus dem Ghetto Warschau und schmuggelte Nahrung hinein. Als Weihnachtsthema wurde die Rettung der Kinder umgesetzt, vielleicht auch hier eine Verbindung zur herkömmlichen Weihnachtsgeschichte. Die Kinder wurden betäubt um sich beim Transport nicht zu bewegen, und in Kartoffel-Säcken versteckt als ´Erdäpfel´ getarnt in ihr Überleben geschmuggelt“, erläuterte Schwarzendorfer aus seinen Recherchen.

„Das wirklich ´Andere´ oder ´Besondere´ an den Figuren ist, dass sie komplett zerbrochen waren und wieder neu zusammengebaut wurden. Das ist als Zeichen zu verstehen, dass die Psyche eines Menschen bei all solchen Ereignissen (in der Geschichte wie auch bei den jetzigen Ereignissen auf der ganzen Welt) massiv und auf sehr lange Zeit zerbrochen wird, und die Spuren immer sichtbar bleiben.Die drei Männer sind aus sehr vielen kleinen Bruchstücken wieder entstanden oder auferstanden, auch die Kinder hatten massive ´Schäden´. … Das Abzeichen des kleinen Jungen wurde verändert, statt eines Judensterns trägt er das jüdische gelbe Dreieck, wie es in den Konzentrationslagern vorgeschrieben war. Das gelbe jüdische Dreieck hat ein Auge dazubekommen. Vielleicht kann man den Betrachter damit überraschen, im Gesicht eines verfolgten Menschen das Angesicht Gottes zu sehen – vielleicht noch besser, wenn es das Gesicht eines verfolgten Kindes ist“, so Schwarzendorfer.

„Ideale sind unsere Erfindungen. Sie sind in den Dreck der Realität gefallen. Jesus ist nicht gekommen um angebetet zu werden, sondern um Mensch zu sein, Teil dieser Gesellschaft zu sein. Geht es nur darum etwas zu repräsentieren oder geht es nicht um echte Kontaktaufnahme“, fragte Schwarzendorfer. „Jeder von uns ist weise, wenn er das Leben rettet“, sagte der Hütteldorfer Pfarrprovisor Zdzislaw Wawrzonek abschließend ehe er ihr und allen den Segen erteilte.

Für Schwarzendorfer ist die Krippe der Gerechten „eine Weiterentwicklung der Schuttkrippe“, über die ORF 2 in der Sendung Orientierung am 17. Dezember 2023 berichtete und die gegenwärtig in der Pfarre Hildegard Burjan in einer Seitenkapelle der Kirche Rudolfsheim, Meiselstrasse 1, ausgestellt ist. In den angeregten Gesprächen erfragten die Anwesenden bald mögliche Auf- und Ausstellungszeiten, fanden aber auch eine Reihe von Ideen ihren Ausdruck. „Wirklich schön“, sagte eine Künstlerin. Noch am selben Tag wanderten die neben den Schautafeln aufgelegten Informationsblätter vom Sessel auf einen kleinen Tisch. Und im schnell organisierten Gästebuch waren bald Eintragungen zu lesen wie: „Beeindruckend“. „Eine Freude, miterleben zu können, was da alles an Kreativität freigesetzt wurde“.

Franz Vock