Industrieviertel-Akademie 2021 wurde zu einer exemplarischen Auswertung „Wie uns 2020 verändert hat“ und im Hintergrund Weichen gestellt wurden
Zehn regionale Impulsgeberinnen und Impulsgeber erzählten bei der Online-Industrieviertelakademie am 25. März von ihren Erfahrungen, Überraschungen und Entwicklungen des vergangenen Jahres.
Von Loslassen bis die Menschen rannten uns die Tür ein …
Für den Bereich „Junge nachhaltige Initiativen“ skizzierte Tobias Kirschner (ehrenamtlicher Vorsitzender der Katholischen Jugend) die Chancen und Gefahren des Internet für die Jugend. Bäckermeister Karl Linauer erlebte das erste Corona-Jahr als „Prozess des Loslassens“ und der spirituellen Vertiefung. „Wer war ich? Wer bin ich? Wo setze ich meine Talente ein?“: Diese Fragen seien ihm wesentlich geworden, betonte er. Der Wiener Neustädter Umweltaktivist war in seinem „neu orientieren … überzeugt, dass Leben auferstehen kann, … wir uns nicht verbiegen müssen“.
Im Bereich „Arbeitswelt & Jobeinstieg“, berichtete Ayub Panahi (Mentee bei „Hands on“) von dieser erfolgreichen Initiative, die gerade auch in Corona-Zeiten verstärkt auf Online-Zusammenkünfte setzt, damit Jugendliche mit Hilfe von Begleitern in der Arbeitswelt Fuß fassen können. Im Bereich „Ethischer Konsum & Wirtschaft“ erzählte Biogemüsegärtnerin Monika Jasansky von der enorm gestiegenen Nachfrage im Pandemie-Jahr. „Das alles ist sehr positiv“, so ihr Resümee: „Für das Klima, für die Kunden und für uns.“ Christian Bauer und Barbara Blumenreisinger, sie betreiben einen Großhandel für ethische und biologische Kosmetik, stellten im ersten Corona-Jahr u. a. einen „gestiegenen Bedarf an Seife und Handhygiene“ fest. Ihr Fazit: „Die Menschen rannten uns damals die Tür ein.“
… den Blick weiten und auch online sehr verbunden
Im Bereich „Bildung, Schule, Familie & Lebensstil“ berichtete Katja Ratheiser („Familienmanagerin“ und Elternbildnerin) von der ständig präsenten Angst vieler Eltern, dass ihre Kinder zu einer verlorenen Generation („Lost generation“) gehören. „Die Luft ist bei vielen Eltern draußen“, veranlasste die Elternbildnerin zu Initiativen „die Angst nehmen und stärken müssen“. Obwohl sich der Mödlinger AHS-Lehrer Lukas Mitterwenger-Fessel beruflich mit Mathematik und Informatik beschäftigt, sieht er die Gefahren und Chancen der Informationstechnologie eher nüchtern. Zunächst habe er sich „zu einer Bremse entwickelt“, die er in der Kleingruppe auflöste. Erwachsenenbildner Peter Maurer (Bildungszentrum St. Bernhard) war anfangs skeptisch, was Online-Veranstaltungen anlangt. Mittlerweile finden viele Veranstaltungen in St. Bernhard online statt. Maurer: „Man kann auch online sehr verbunden sein.“
Im Bereich „Pflege, Pfarre, Seelsorge“ erzählte Pastoralassistentin Ingrid Mohr von den „verschiedenen Versuchen“, online mit den Menschen in Kontakt zu bleiben. Bei der Erstellung eines Fastenfolders ergab sich die Chance, für „Leute, die sonst nie zusammenkommen“, über größere Distanzen in Kontakt zu sein, wo das sonst nicht möglich wäre. Ihr Fazit: „Man muss allerdings immer auch persönlich Kontakt aufnehmen.“ Für die im Wiener AKH tätige Krankenhausseelsorgerin Ernestine Radlmair bot der erste Lockdown und die Zeit danach ein zwiespältiges Bild: „Das AKH war plötzlich wie eine Festung. Aber die Tür der Kapelle stand immer offen. Gegen die Gefahr der Verengung galt es, den Blick zu weiten.“
In den anschliessenden „Break-Out-Rooms“ (Zoom-Online-Kleingruppen) legten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Erfahrungen und Entwicklungen vertieft dar und tauschten sich über ihre Zukunftshoffnungen aber auch Sorgen aus.
Engagierte Resilienz und gedeihen können …
Der Vorsitzende der Katholischen Aktion des Industrieviertels, Richard Wagner, dankte allen für ihre engagierte Teilnahme und freute sich über die vielfältige BesucherInnenschar, die vom Präsidenten der Katholischen Aktion Walter Rijs, einen Universitätsprofessor, einen Priester, Vertreter politischer Parteien bis hin zu lokalen und Wiener Engagierten reichte. Selbst im Chat wies einer auf eine „Gruppe Junge nachhaltige Initiativen: Aufbau lokaler Resilienz: Wie Gemeinschaften aufgrund von Umbrüchen und ökologischen Zusammenbruchs gedeihen können“ hin.
Die Industrieviertel-Akademie ist eine Veranstaltung der Katholischen Aktion im Industrieviertel, getragen von Katholischer Frauenbewegung (kfb), Katholischer Männerbewegung (KMB), Katholischer ArbeitnehmerInnen Bewegung (KAB), Katholische Jungschar (KJS), Katholische Jugend (KJ), Umweltbüro, Welthaus, Bildungszentrum St. Bernhard, Katholisches Bildungswerk Wien und „Der Sonntag“ – die Kirchenzeitung der Erzdiözese Wien.
Stefan Kronthaler, Franz Vock