Jägerstätter-Sternwallfahrt: „Stärker nach dem Gewissen fragen“


Pilger aus vier Diözesen befassten sich bei der 11. KMB-Sternwallfahrt mit Wert und Würde des menschlichen Lebens

Wolfgang Bögl, der Theologische Assistent der KMB Linz, gibt vor dem von der KMB erbauten Jägerstätter Denkmal einige Impulse.

Wolfgang Bögl, der Theologische Assistent der KMB Linz, gibt vor dem von der KMB erbauten Jägerstätter Denkmal einige Impulse.

Ein stärkeres Hören auf das Gewissen und dessen bewusste Formung und Reifung müsse die Konsequenz einer Konfrontation mit dem Märtyrer und NS-Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter (1907-43) sein: Das betonte der Passauer Domkapitular Gerhard Auer in seiner Predigt bei der 11. Sternwallfahrt der Katholischen Männerbewegung (KMB) am Samstag nach St. Radegund (OÖ). Franz Jägerstätter sei es um die Heiligung seines Lebens gegangen, so Auer: „Unsere Seligen streben nicht danach, auf einen Sockel gestellt zu werden, damit wir sie aus der Ferne anbeten können. Jägerstätter braucht keine Bewunderer, sondern Nachfolger.“

Die 11. Sternwallfahrt, die unter dem Motto „Der Preis des Lebens oder Leben um jeden Preis“ stand, zog besonders viele Radpilger an. Inhaltlich ging es um den Wert und die Würde des menschlichen Lebens. Wolfgang Bögl, der Theologische Assistent der KMB Linz, lud die WallfahrerInnen aus den Diözesen Wien, St. Pölten, Salzburg und Linz ein, einander zu erzählen: Wann fühl ich mich lebendig? Wann fühl ich mich wertvoll, bedroht? KMB/OÖ-Diözesanobmann Bernhard Steiner betonte in seinen Grußworten vor den Pilgern, Jägerstätter sei als „Mann mit Ecken und Kanten, liebevoller Vater und Familienmensch besonders heute Vorbild für die Männer“ und „mit seiner Klarheit im Denken und Tun für uns Christen wirkmächtiger Zeuge der befreienden Kraft des Glaubens“.

Schon vor seiner Seligsprechung im Jahr 2007 hatte die KMB begonnen, sich mit Franz Jägerstätter als Identifikationsfigur für katholische Männer zu beschäftigen. Sein Leben und auch seine Bereitschaft, für seinen Glauben und seine Überzeugungen einzutreten, seien für die KMB Anstoß und Herausforderung, so eine KMB Aussendung.

Ein eigentlich zufälliger Aufenthalt von Franz Jägerstätter in Ybbs im Jahr 1941 während seiner Grundausbildung für die Wehrmacht sei ein ausschlaggebender Moment für seine Entscheidung gewesen, in keiner Weise mit diesem System zu kooperieren und den Wehrdienst zu verweigern. Jägerstätter habe in Ybbs vom Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten erfahren. Von August 1940 bis Mai 1941 seien an die 2.300 Patientinnen und Patienten aus der Ybbser „Heil- und Pflegeanstalt“, einem psychiatrischen Krankenhaus, nach Hartheim transportiert und dort ermordet worden.

Bereits 1938 Nein-Stimme zum Anschluss
Bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich war Franz Jägerstätter ihr erklärter Gegner. Der Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich vor 80 Jahren – am 10. April 1938 – wollte er anfangs überhaupt fernbleiben. Auf Bitten seiner Frau, die negative Konsequenzen für die Familie befürchtete, nahm er doch teil, stimmte aber beim Urnengang in seinem Heimatdorf St. Radegund mit einem Nein. Von den Verantwortlichen wurde diese Nein-Stimme aber unterschlagen.

Franz Jägerstätter blieb nach seiner Kriegsdienstverweigerung gegenüber dem Gericht bei seiner Entscheidung, dass er als Katholik nicht mit der Waffe für den Nationalsozialismus kämpfen könne. Das Reichskriegsgericht in Berlin verurteilte ihn am 6. Juli 1943 wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode. Außerdem lautete das Urteil auf Verlust der Wehrwürdigkeit und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Am 9. August 1943 wurde Franz Jägerstätter gemeinsam mit weiteren Verurteilten nach Brandenburg an der Havel gebracht. Um 16 Uhr wurde er mit dem Fallbeil hingerichtet und seine Leiche im Krematorium der Stadt Brandenburg eingeäschert. Vöcklabrucker Schulschwestern, die in Brandenburg in einem Kindergarten arbeiteten, konnten die Urne in ihren Besitz und nach Kriegsende nach Oberösterreich bringen. Am 9. August 1946 wurde sie auf dem Friedhof in St. Radegund beigesetzt. Franziska Jägerstätter war während und auch noch nach dem Krieg Anfeindungen und Benachteiligungen ausgesetzt.

Erst in den 1990er Jahren setzte ein Umdenken ein. Am 7. Mai 1997 wurde als späte Rehabilitierung das Feldurteil gegen Jägerstätter aufgehoben und am 7. Oktober leitete der damalige oberösterreichische Diözesanbischof Maximilian Aichern den diözesanen Informativprozess für eine Seligsprechung ein. Nach dem Abschluss des Verfahrens 2001 wurden die Akten an die Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen weitergeleitet und Jägerstätters Martyrium am 1. Juni 2007 vom Vatikan anerkannt. Die Feier der Seligsprechung durch den Präfekten der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen Kardinal Jose Saraiva Martins fand in Anwesenheit von Jägerstätters Witwe und seiner vier Töchter am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom statt.

Kathpress, Franz Vock

Mehr dazu siehe http://www.kmb.or.at/site/oesterreichweiteveranstal/sternwallfahrt